Bewerbungs-Tipps für Freelancer:innen – so überzeugen Sie bei Projektbewerbungen
Ähnlich wie Festangestellte müssen sich auch Freelancer:innen regelmäßig für Projekte bewerben. Worauf potenzielle Kundinnen oder Kunden dabei wirklich achten und welche Vorteile ein aktuelles Profil auf einer Business-Plattform wie LinkedIn haben kann, darüber sprachen wir mit Nick Oestreich von dem Freelancer-Netzwerk Uplink im Interview.
Artikelübersicht:
- Personal Branding: Wie wichtig sind Business-Profile und die eigene Webseite?
- Bewerbungstipps: Individuelles Anschreiben und maßgeschneiderter CV
- Tipps für einen guten CV
- So können Sie mit Soft Skills punkten
- Tipps für das erste Interview
- Wie wichtig ist Networking für Freelancer:innen wirklich?
Nick Oestreich sprach mit uns auch nochmal im Video-Interview darüber, wie wichtig Personal Branding ist und was Freelancer:innen bei Projektbewerbungen unbedingt beachten sollten:
Personal Branding: Wie wichtig sind Business-Profile und die eigene Webseite?
exali: Welche Rolle spielt Personal Branding? Erhöhen Kandidat:innen ihre Chancen durch eine eigene Website oder ein Business-Profil auf Plattformen wie LinkedIn oder XING?
Nick Oestreich:
Als Freelancer:in bieten Sie nicht nur Ihre Dienstleistungen an, sondern möchten Ihren Kundinnen und Kunden auch zeigen, wie es ist, mit Ihnen in einem Projekt zu arbeiten. Durch ein aktuelles Profil bei Linkedin können Sie Ihre Fähigkeiten noch mehr in den Fokus stellen und sich zudem auch mit potenziellen Kundinnen und Kunden vernetzen. Um sich einen richtigen Expertenstatus aufzubauen, kann es zudem sinnvoll sein, eigene Artikel zu verfassen, spannende Inhalte aus Ihrem Arbeitsalltag sowie aktuelle Markttrends zu teilen.
Vorteile von Businessplattformen wie LinkedIn
Bei Uplink haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich insbesondere für die Plattform LinkedIn folgende Dynamiken und Best Practices für Freelancer:innen ergeben:
- LinkedIn wird von unseren Kundinnen und Kunden, sowie Freelancer:innen mittlerweile deutlich häufiger genutzt als XING
- öffentliche Referenzen von ehemaligen Kundinnen oder Kunden, Arbeitgeber:innen und Kolleginnen oder Kollegen schaffen Vertrauen
- Freelancer:innen, die aktuell nicht verfügbar sind, teilen häufig erhaltene Projektanfragen von potenziellen Auftraggeber:innen und empfehlen gerne Kolleginnen oder Kollegen
- Kundinnen und Kunden posten ihre offenen Projekte bei LinkedIn
- Austausch mit anderen Freelancer:innen
- aktuelle Infos zu Veranstaltungen, neuen Technologien und Trends
- Vielzahl von Gruppen (Austausch zu adminstrativen und fachlichen Themen)
Vorteile einer eigenen Webseite für Freelancer:innen
Eine eigene Website kann ebenfalls eine gute Möglichkeit sein, um sich zu präsentieren. Hier können Sie, ähnlich wie bei LinkedIn, Testimonials von Kundinnen oder Kunden einholen und diese öffentlich anzeigen. Wer zudem kreativ ist, hat bei einer Website freien Gestaltungsspielraum und kann sogar Videos und andere Formate einbinden, um zum einen sich als Person aber auch Ihre Dienstleistungen zu vermarkten.
Wer Testimonials oder Kundenreferenzen ehemaliger Auftraggeber:innen auf der eigenen Webseite oder Business-Plattformen nutzt, sollte dies nicht ohne Absprache tun. Mehr dazu, haben wir in diesem Artikel zusammengefasst: Kundenreferenzen veröffentlichen.
Generell ist ein LinkedIn Profil oder eine Website kein Muss, um als Freelancer:in erfolgreich zu sein. Ich kenne zum Beispiel einige, die aus Prinzip nicht bei LinkedIn mitmachen und trotzdem ein sehr aktives Netzwerk pflegen. Wer sich ausschließlich mit einem CV oder dem eigenen Portfolio auf Projektausschreibungen bewirbt, sollte aber sicherstellen, dass alle relevanten Informationen enthalten sind. LinkedIn erleichtert den Ausbau des eigenen Netzwerks jedoch enorm und bietet einen sehr unkomplizierten Weg, um mit ehemaligen Kundinnen und Kunden, sowie Kolleginnen und Kollegen in Kontakt zu bleiben.
Bewerbungstipps: Individuelles Anschreiben und maßgeschneiderter CV
exali: Wie wichtig sind ein individuelles Anschreiben und ein maßgeschneiderter Lebenslauf für jede Bewerbung? Welche Tipps hast Du hier?
Nick Oestreich:
Die gute Nachricht vorneweg: Nur in den seltensten Fällen ist ein Anschreiben von mehr als einer Seite zielführend. In der Regel ersetzt der Text der Bewerbungsmail, die LinkedIn-Nachricht oder die persönliche Anmerkung bei Bewerbungsportalen ein gesondertes Dokument. Doch auch ohne dieses gilt wie bei der Bewerbung auf eine Festanstellung: Ein Anschreiben – in Form einer E-Mail, Privatnachricht oder persönlichen Anmerkung, ist das Mittel der Wahl, um potenziellen Auftraggeber:innen einen ersten Eindruck über Ihre Erfahrungen und Ihr Interesse an dem Projekt zu vermitteln.
Tipps für ein individuelles Anschreiben
Sie sollten auf jeden Fall vermeiden, lediglich eine Kopie eines allgemeinen Anschreibens an mehrere potenzielle Kundinnen oder Kunden zu versenden. Stattdessen ist es sinnvoller, in jedem Anschreiben so kurz und präzise wie möglich Bezug auf die Projektbeschreibung und die geforderten Skills zu nehmen und so zu zeigen, warum Sie genau die/der richtig:e Kandidat:in für das Projekt sind.
Folgende Informationen sollten zwingend enthalten sein:
- persönliches Interesse an dem Unternehmen/Projekt
- ähnliche bereits erfolgreich realisierte Projekte mit Angabe des Projektnamens (das entsprechende Projekt sollte schnell im CV auffindbar sein)
- Branchenerfahrung
- persönliches Skillset
- Informationen über Verfügbarkeit und Stundensatz
- Angabe möglicher Slots für Interviewtermine
Die Kundinnen und Kunden möchten sehen, dass Sie sich mit der Projektbeschreibung, den Anforderungen und natürlich dem Unternehmen, beziehungsweise der Branche auseinandergesetzt haben. Ein Tipp außerdem: Selbst wenn Sie noch nicht mit allen geforderten Skills und Tools gearbeitet haben, beschreiben Sie genau, wo Sie bereits mit vergleichbaren Tools in ähnlichen Projektkontexten gearbeitet haben.
Der maßgeschneiderte CV
Sie müssen nicht für jede Bewerbung einen komplett neuen CV erstellen, allerdings zahlt sich auch hier der Aufwand des Personalisierens aus. Vor allem in Ihrer Projekthistorie sollte deutlich werden, dass Sie bereits ähnliche Herausforderungen gemeistert haben, wie die, die in dem Projekt auf das Sie sich bewerben beschrieben sind. Sind bestimmte Tools oder Skills gefragt, sollten diese auch in Ihren letzten Stationen auftauchen – oder zumindest vergleichbare. Haben Sie bei Ihrem anvisierten Projekt etwa eine hohe Budgetverantwortung, dann würde ich die bereits verantworteten Budgets vergangener Stationen auch mit angeben. Ist ein Teamlead gesucht, ergänzen Sie in jedem Ihrer Projekte die Anzahl der Projektbeteiligten, für die Sie verantwortlich waren.
Aktualität: Wenn Sie bereits über viel Erfahrung verfügen, muss der CV nicht Ihren gesamten Werdegang widerspiegeln. In der Regel reicht eine Auflistung vergangener Positionen und Projekte der letzten fünf bis sieben Jahre aus, um einen Eindruck über Ihre Kompetenzen zu erlangen. Welches Gymnasium Sie besucht haben, interessiert dagegen niemanden mehr.
Kreativität und Individualität: Häufig nutzen Freelancer:innen eine Sektion des Lebenslaufs, um persönliche Erfolge und erreichte Milestones gesondert hervorzuheben. Beschränken Sie sich hier auf drei bis fünf Punkte. Auf welche Ergebnisse sind Sie zum Beispiel besonders stolz?
Vollständigkeit: Gibt es in Ihrem CV längere Unterbrechungen von mehreren Monaten, weil Sie beispielsweise in Elternzeit waren oder sich eine längere Auszeit genommen haben, sollten Sie diese Zeiträume einfach als Stationen mit angeben. Am Ende des CVs empfiehlt sich je nach Fachgebiet auch eine Sektion, um erworbene Zertifikate aufzuführen. Es reicht aus, wenn Sie die Dokumente auf Nachfrage vorweisen können, ansonsten genügt eine Angabe des Abschlussjahres.
Übersichtlichkeit: Entscheiden Sie sich für eine (!!!) Designvorlage und achten Sie hier auf gute Lesbarkeit und passende Schriftgrößen. Geben Sie mithilfe von Aufzählungspunkten oder kurzen Sätzen die Hauptaufgaben in Ihrem Projekt an. Bei technischen Profilen sollten Sie die eingesetzten Tools oder den tech stack angeben. Hier ein Beispiel, wie die Beschreibung eines Projekts für eine:n JavaScript Entwickler:in aussehen könnte:
Senior Frontend Developer
Sep 2022 - April 2023 // Hyper Scale Startup GmbH // Berlin
Supported the client’s development team consisting of 4 frontend and 3 backend developers. Performed development and testing of new features, bug fixing, and integration of a chat tool and different payment providers.
Technologies used: React.js, Jest, Node.js, GraphQL, MySQL, Docker
So können Sie mit Soft Skills punkten
exali: Welche Rolle spielen Soft Skills in einer Bewerbung? Wie können diese effektiv präsentiert werden?
Nick Oestreich:
Die Bedeutung von Soft Skills hängt stark von dem Fachgebiet der Freelancer:innen ab. Es kann sich lohnen, diese in einer gesonderten Sektion auf dem CV nochmal hervorzuheben. Konkrete Beispiele sind wesentlich aussagekräftiger als eine Enumeration erstrebenswerter Skills. Am besten wählen Sie Ihre “Top 5 Soft Skills” aus und erläutern anhand von Beispielen, wo Sie diese bereits erfolgreich einsetzen konnten.
Gerade als freiberuflicher Berater, Projekt- oder Produktmanager sollten Sie Ihre interdisziplinären Fähigkeiten wie Durchsetzungsfähigkeit, Zeitmanagement, Verhandlungsgeschick oder aber auch Ihre Führungskompetenz hervorheben. Haben Sie bereits erfolgreich mehrere Teams geführt und zeichnen sich zum Beispiel durch Ihre Teamfähigkeit und Lösungsorientierung aus, belegen Sie Ihre Erfolge in den Bereichen durch entsprechende Projektreferenzen und beschreiben Sie kurz, warum gerade jene Teamkonstellationen besonders herausfordernd waren.
Tipps für das erste Interview
exali: Wie sollte ich mich am besten auf das erste Interview vorbereiten?
Nick Oestreich:
Das erste Interview bei einem Projekt läuft ähnlich wie ein Vorstellungsgespräch zu einem festen Job, ist aber in der Regel nicht länger als 30 bis 45 Minuten. Die Kundinnen oder Kunden möchten hier herausfinden, ob Sie zu dem Team passen und der Aufgabenstellung fachlich gewachsen sind. Insbesondere geht es darum festzustellen, wie groß Ihr Interesse an dem Produkt oder der Dienstleistung ist. Ein häufiger Absagegrund von Kundinnen oder Kunden ist meiner Erfahrung nach tatsächlich mangelndes Interesse am Kernprodukt oder dem Unternehmen, auch wenn sie den Freelancer:innen fachlich die Aufgaben zutrauen.
Ich empfehle, vor jedem Interview diese kurze Checkliste zu erstellen:
- Ruhige Umgebung mit eingeplanten Pufferzeiten/li>
- Recherche über Unternehmen und Produkt
- Informationen über die Ansprechpartner:innen, mit denen Sie das Interview führen
- Notieren Sie offene Fragen zu Rahmendaten wie Auslastung, Stundensatz, Auftragsvolumen, Remoteanteil oder fachlichen Kriterien (eingesetzte Tools, Teamdynamik etc.)
- Vorbereitung von Arbeitsproben/ erfolgreich umgesetzten Projekten, die in einem engen Bezug zur Projektbeschreibung stehen
Am Ende des ersten Interviews sollten Sie sich auch direkt nach dem weiteren Vorgehen erkundigen. Klären Sie, ob es noch weitere Interviewtermine gibt und auch bis wann Sie mit einer verbindlichen Zu- oder Absage rechnen können. Wenn Sie bereits wissen, dass Sie zum Beispiel bis nächsten Freitag eine finale Rückmeldung aus einem anderen Prozess bekommen, können Sie das auch offen ansprechen.
Wie wichtig ist Networking für Freelancer:innen wirklich?
exali: Wie können Freelancer:innen ihre Erfahrung mit anderen teilen und Netzwerke aufbauen, um ihre Karriere voranzutreiben?
Nick Oestreich:
Wie bereits erläutert, können soziale Netzwerke eine tolle Möglichkeit sein, um sich mit Menschen auszutauschen, die gleiche Interessen haben. Googelt man nach “Freelance Community”, erhält man in weniger als einer halben Sekunde mehr als 155.000.000 Ergebnisse: Es gibt unzählige Netzwerke, denen man sich anschließen kann. Wir bei Uplink versuchen für Freelancer:innen die Annehmlichkeiten einer Community mit den Funktionalitäten einer Projektplattform zu verbinden.
Darüber hinaus gibt es in vielen großen Städten regelmäßig Freelancer-Meetups vor Ort, wo man sich nach Feierabend über alle möglichen Themen austauschen kann. Weitere, spannende Kontakte findet man auf Konferenzen rund um das eigene Fachgebiet. Hier tummeln sich oftmals sowohl gleichgesinnte Freelancer:innen als auch spannende Kundinnen und Kunden. Nicht zu vergessen ist das umfangreiche Angebot an Podcasts, Webinaren und Workshops rund um die Themen Karriere und Freelancing.
Eine gute Übersicht zu Podcasts für Freelancer:innen hat Nick Oestreich uns auch bereits für unseren Blog zusammengestellt: Hörenswerte Podcasts für Freelancer:innen.
Vielen Dank für dieses interessante und informative Interview!
Nick Oestereich hat nach dem Studium für kurze Zeit bei zwei der größten Personaldienstleistungsunternehmen als Recruiter und im Vertrieb als Account Manager gearbeitet. Für ihn war allerdings recht schnell klar, dass er in dieser Branche nicht alt werden möchte und sich ein innovatives und kreativeres Arbeitsumfeld wünscht, in dem er eigene Ideen einbringen kann und seine Leidenschaft für Reisen durch Remote-Arbeit verwirklichen kann. Seit mehr als drei Jahren ist er nun bei Uplink und verantwortet inzwischen als Head of Business Developement die Entwicklung neuer Geschäftsbereiche und den Ausbau strategischer Partnerschaften. Darüber hinaus betreut er die Key Accounts und die damit einher gehenden Recruitingprozesse.
Über Uplink:
Uplink ist ein Start-up aus Berlin, das sich als exklusives Netzwerk für IT-Freelancer:innen versteht. Unternehmen haben bei Uplink die Möglichkeit, kostenlos Projekte zu posten. Freelancer:innen wiederrum können sich bei dem Netzwerk bewerben und zahlen Uplink erst nach Vermittlung eines Auftrages für maximal 12 Monate eine Gebühr in Höhe von zehn Prozent ihres Auftragshonorars. Alle Informationen zu Uplink finden interessierte Freelancer:innen und Unternehmen unter: uplink.tech